Mirga Gražinytė-Tyla: Einflüsse
Playlist - 14 Songs
Die litauische Dirigentin Mirga Gražinytė-Tyla begann ihre musikalische Laufbahn früh – allerdings zunächst als Sängerin und nicht am Dirigierpult. Einen Großteil ihrer frühen Kindheit verbrachte sie bei Proben mit Aidija, dem professionellen Kammerchor ihres Vaters, und bereits mit sechs Jahren tourte sie mit dem Chor und sang Soli. Somit überrascht es nicht, dass viele Stücke auf dieser von Gražinytė-Tyla zusammengestellten Playlist Chor- und Vokalmusik enthalten.
Der gregorianische Gesang, erzählt Gražinytė-Tyla Apple Music Classical, war „meine Geburt in die Musik“. Sie erklärt: „Mein Vater und ein Freund von ihm erhielten 1989 ein Stipendium, um in Paris Gregorianik zu studieren, und brachten diese Musik nach Litauen zurück.“ Eine der „Fragmenterinnerungen“ von Gražinytė-Tyla ist, wie sie „in der Kathedrale von Vilnius steht, eingehüllt in den Zauber und das Geheimnis des fließenden gregorianischen Gesangs“. Zu Ehren dessen hat Gražinytė-Tyla „Salve regina“ aufgenommen – einen ihrer Lieblingsgesänge, den sie oft selbst gesungen hat.
Weiter erinnert sie sich, als Kind dem Klavierspiel ihrer Mutter zu lauschen: „Meine Mutter übte oft, während ich eigentlich ein Nickerchen machen sollte … oder manchmal tat ich es wirklich, wachte dann aber zu den magischen Klängen von Frédéric Chopins Etüde in Ges-Dur auf.“
Gražinytė-Tylas Playlist verweist auch den Chor ihres Vaters, mit dem sie so oft auf Tournee war. Als Kind, bevor sie sich entschied, Musik zu ihrem Beruf zu machen, spezialisierte sie sich auf Kunst: Während der Proben oder Konzerte zeichnete sie manchmal die Sänger:innen. Sie erinnert sich lebhaft daran, dies zu tun, während der Chor die Vogelrufe in Clément Janequins „Le chant des oiseaux“ imitierte. Diesem Stück schreibt sie auch zu, ihre Liebe zur französischen Musik geweckt zu haben, die heute auch Poulenc umfasst. Zwei weitere Lieblingsstücke aus dem Repertoire des Aidija-Chors waren Claudio Monteverdis Madrigal „Sì ch‘io vorrei morire“ und Bachs „Gute Nacht“ aus der Motette „Jesu, meine Freude“.
Nach ihrer ersten Begegnung im Alter von zehn Jahren war Gražinytė-Tyla mit Wolfgang Amadeus Mozarts Oper „Die Zauberflöte“ fasziniert, insbesondere von der berühmten, furiosen Arie der Königin der Nacht: „Der Hölle Rache“. „Es war eine Direktübertragung aus der Met“, erinnert sie sich. „Ich habe keine Ahnung, wer dieses Juwel unserer menschlichen Musik so unglaublich gesungen hat, aber ich blieb sprachlos und hörte tausendfach das Band, das genau diese Übertragung aufgezeichnet hatte.“ War dies vielleicht der Moment, der Gražinytė-Tyla dazu brachte, die Kunst aufzugeben und sich für eine musikalische Laufbahn zu entscheiden? Auf jeden Fall weckte es ihre tiefe Liebe zur Oper und setzte die angehende Dirigentin auf den Weg, der sie letztlich zur Aufführung einer der großen, aber erst kürzlich entdeckten Opern des 20. Jahrhunderts führte: Mieczysław Weinbergs „Die Passagierin“ (ein Ausschnitt ihrer Aufnahme beschließt die Playlist).
Der jüdisch-polnische Komponist, der vor den Nazis in die UdSSR floh, wo er ein enger Freund von Schostakowitsch wurde, stand lange im Schatten seines berühmteren sowjetischen Kollegen. Doch dank des Geigers Gidon Kremer findet Weinberg ein breiteres Publikum und mehr Fürsprecher, darunter auch Gražinytė-Tyla, die mehrere seiner Sinfonien aufgenommen hat. Gražinytė-Tyla würdigt Kremer, indem sie einen Track seiner Aufnahme mit Musiker:innen der Kremerata Baltica und der Pianistin Yulianna Avdeeva von Weinbergs Klavierquintett einbezieht, mit dem, wie sie sagt, „die wahre Entdeckung von Weinberg begann“.
Natürlich enthält die Playlist auch Beispiele der Kunst des Dirigierens, angeführt von zwei gefeierten Dirigenten: Claudio Abbado, dem sie zuschreibt, ihr die Geheimnisse von Bruckners „Siebter Sinfonie“ erschlossen zu haben. Und Arturo Toscanini, der oft als großer Pedant in Bezug auf Details dargestellt wird. Gražinytė-Tyla weist jedoch provokativ auf einige bedeutende Momente in seiner Aufnahme von Giuseppe Verdis „La traviata“ hin: „Achte in diesem großen Finale ab etwa 3:22 darauf, was vor sich geht. Über einem konstanten Bass führen die darüberliegenden Linien, zwar noch mit dem Bass verbunden, ein komplett individuelles Eigenleben und kümmern sich überhaupt nicht darum, ‚zusammenzubleiben‘ (oder zumindest nicht als Hauptziel).“
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Mirga Gražinytė-Tyla: Einflüsse features BiBiBiBER BAND, Schola Resupina, Ring Around Quartet and more