Frédéric Chopin macht heute eher selten Schlagzeilen, obwohl ihm zu seinen Lebzeiten Kontroversen nicht fremd waren. Aber der polnische Komponist aus dem 19. Jahrhundert kehrte Ende Oktober 2024 ins Rampenlicht der Medien zurück, nachdem das Manuskript eines bisher unbekannten Walzers in a‑Moll mit seinem Namen entdeckt wurde. Das etwas mehr als einminütige Stück, das vorläufig auf die frühen 1830er-Jahre datiert wurde, tauchte in einer Sammlung von Papieren auf, die dem Morgan Library & Museum in New York City gespendet worden waren. Das kurze Stück wurde nun von Lang Lang erstmals aufgezeichnet. Seine leidenschaftliche Darbietung wirkt wie ein Prüfsiegel für die Behauptung, dass das wiederentdeckte Werk tatsächlich von Chopin stammt – und nicht nur von einem:einer seiner Schüler:innen. „Ich glaube wirklich, dass es von ihm ist“, sagt Lang Lang Apple Music Classical. „Das war mein erster Eindruck, als ich die Partitur erhielt, und ich finde, dass die erste Reaktion für gewöhnlich die wichtigste ist. Ich fing an, die Partitur zu lesen und mir das Manuskript anzusehen, und es war vom Stil her wie Chopin. Die einzige Frage für mich war, ob dies ein vollständiges Werk oder nur Teil eines Stücks darstellt.“ Die Musik, die an einem Rand einer kleinen Manuskriptseite geschrieben steht (möglicherweise als Geschenk für ein Autogrammalbum), enthält den Vermerk, gespielt und anschließend wiederholt zu werden. „Es könnte also bereits vollständig sein, oder er [Chopin] hatte vielleicht vor, es weiterzuentwickeln.“ Lang Langs Performance destilliert jeden Tropfen Drama und Lyrik aus dem Walzer und enthüllt seine ausdrucksstarke Komplexität. „Das ist ziemlich sicher Chopins Werk, von der Poesie her, der Erzählweise, der bunten Wolke der Musik. Das kann man sagen, weil es bei dieser lyrischen melodischen Linie so viele unterschiedliche Ebenen von Emotion gibt. Das gehört zum melancholischen Stil in seiner Musik, vergleichbar mit seinen Präludien, würde ich sagen. Einen Komponisten wie Chopin muss man nicht drängen. Die Musik ist so echt, dass sie einem direkt ins Herz geht.“ Die Sammlung, von welcher der Walzer stammte, gehörte dem Akademiker, Pianisten und Philanthropen Arthur Satz und wurde nach seinem Tod im Jahr 2018 der Morgan Library gespendet. Lang Lang ist wahrscheinlich die erste Person, die das Stück in der Öffentlichkeit gespielt hat, seit es vor fast zwei Jahrhunderten komponiert wurde. „Das ist wirklich bemerkenswert“, stellt er fest. „Also, man kann sich gar nicht vorstellen, dass das überhaupt möglich ist. Es ist ein neues Stück von Chopin, dem beliebtesten Pianisten/Komponisten der Welt!“