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Anton Bruckner Essentials
Playlist - 45 Songs
Anton Bruckners Musik steckt voller Widersprüche. Manchmal erschuf der österreichische Komponist ganze Sinfoniesätze mit ein paar einfachen Melodien und Rhythmen. Diese verknüpfte er dann zu beispiellos komplexen Strukturen, die wie riesige gotische Kathedralen in den Himmel ragen. Als Beispiel sei der Beginn seiner Dritten Sinfonie genannt: Hier schwellen schimmernde Streicherostinatos und eine einsame Trompete zu einem akustischen Blockbuster an. Oder das kosmische Duell zwischen Gut und Böse im ausladenden Adagio-Satz der Achten Sinfonie – mal nachdenklich, mal dramatisch, mal überwältigend. Bruckner war überzeugter Katholik und fasziniert von religiösen Ritualen und himmlischen Klangkonzepten. Das zeigt sich sowohl in seinen Sinfonien als auch in der majestätischen Inszenierung religiöser Texte, darunter Vertonungen der lateinischen Messe und das Requiem. Selbst mit seinen kurzen Motetten vermag er das Gefühl der Ewigkeit zu erwecken. Besonders gut gelingt ihm das mit den Blockakkorden in ihren Vokalstimmen und den expressiven Dissonanzen von „Christus factus est“ sowie der brillanten Verschmelzung von Akkorden und Kontrapunkt in „Os justi“. Auch Bruckners Sinfonien sind von religiösen Texten inspiriert – und prägen sie umgekehrt ebenso. Seine Musik ist vom Gefühl geistlicher Mysterien durchdrungen, denn auch nach vielen Malen des Anhörens fördert seine Musik immer noch Tiefgründiges zutage. So deutet der Dirigent Paavo Järvi an, dass Bruckners Neunte Sinfonie gleichzeitig seine beeindruckendste ist. „Bruckners Neunte ist sein Abschied vom Leben“, erklärt er gegenüber Apple Music Classical. „Es ist ein unglaublich starkes und emotionales Zeugnis dafür, dass er die Welt hinter sich lässt, um vor seinen Schöpfer zu treten. Für Bruckner als zutiefst religiösen Menschen war der Gang der Dinge klar. Es sollte allerdings nicht nur in künstlerischer Hinsicht ein Schwanengesang werden, denn er selbst konnte die Sinfonie nicht vollenden. Viele haben sich daran versucht, aber sie ist in meinen Augen auch ohne den letzten Satz in sich geschlossen. Sie ist ohne ihn sogar noch aussagekräftiger. In seiner Musik liegt etwas Geheimnisvolles und diese Sinfonie bringt das wie kein anderes Werk zum Ausdruck.“ Für Vladimir Jurowski dagegen stößt Bruckner das Tor zur Musik der Zukunft auf. „Ich muss sagen: Trotz seiner Beziehung zu Wagner und seine Vorliebe für die spätromantische Klangsprache ist Bruckner kein Vertreter der Romantik.“ Der Dirigent führt aus: „Bruckner ist ganz besonders. Er ist vielleicht der letzte große Visionär des 19. Jahrhunderts. Ein Genie, das der Musik eine neue Richtung wies, die er selbst noch nicht kannte. Es bedurfte Menschen wie Gustav Mahler und zu einem gewissen Grad auch Dmitri Schostakowitsch, um mit Mitteln der Orchestrierung Bruckners Schöpfungen auf ein neues Niveau harmonischer Entwicklung zu heben. Aber ich glaube, dass Bruckner als Erfinder einer neuen Musik unterschätzt wird.“ Bruckner vereint in seinem Werk alte religiöse Traditionen und die Moderne. Seine Sinfonien enthalten auch Spuren von Volksmusik und Kirchenliedern, die sein frühes Leben in der Nähe von Linz bestimmt haben. Der selbst aus Linz stammende Franz Welser-Möst kennt die besondere Bedeutung eines Ortes für Bruckner. „Seine Vierte Sinfonie beschreibt in meinen Augen sein Aufwachsen in Oberösterreich und bringt seine Ursprünge als Komponist zum Ausdruck.“ Und weiter: „Mehr noch als alle anderen seiner Sinfonien ist sie eine akustische Beschreibung der Natur Oberösterreichs. Sie ist allerdings keine Pastoralsinfonie – das wäre angesichts der komplexen Strukturen des Werkes zu einfach gedacht.“ „In gewisser Weise ist Bruckner einer der ersten, die minimalistische Musik übernommen und geschaffen haben. Er schreibt wunderschöne Motive, entwickelt diese weiter, wiederholt sie und führt sie durch verschiedene Tonarten und Rhythmen. Und auch wenn es wie ein Widerspruch klingen mag: Ich sehe seine Sinfonien als wohlstrukturierte Improvisationen – lange musikalische Reisen mit dazugehörigen meditativen Qualitäten.“
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