Patrick Watson
Better in the Shade
Album · Alternative · 2022
Das Erste, was an Patrick Watsons siebtem Album auffällt, ist die kurze Spieldauer – mit sieben Tracks, die zusammen ganze 22 Minuten dauern, kann man die Platte gerade so noch als LP bezeichnen. Dennoch hat „Better in the Shade“ die gleiche Substanz wie die epischeren Werke des Art-Pop-Musikers aus Montreal – es fällt ihm inzwischen einfach leichter, seine ehrgeizigen Ideen zu verdichten. „Ich mag die Idee kürzerer Alben“, sagt Watson gegenüber Apple Music. „Mein größtes Problem bei langen Alben ist, dass man die erste Hälfte fertig hat, aber bis man dann die zweite Hälfte zusammenbekommt, ist man ein anderer Mensch geworden. Diese Mischung von Songs auf einem Album ist ein bisschen schwerer zusammenzustellen. Es ist fast unmöglich, ein [langes] Album in einem so kurzen Zeitraum fertigzustellen, dass es einen wirklich konsistenten Eindruck macht.“
„Better in the Shade“ ist kein solches Stückwerk, sondern eher wie eine kontinuierliche, traumhafte Reise. Die Bedeutung dieser Reise ist nicht immer leicht zu entschlüsseln, sie hinterlässt aber eine tiefe emotionale Wirkung. Die Tracks bilden einen ruhigen und doch rastlosen Teppich aus zarten Klavierballaden, exquisiter Orchestrierung und modularen Synthesizer-Texturen mit überraschenden neuen Elementen, die erscheinen und wieder verschwinden, wie Schemen, die durch die Räume einer verlassenen Villa wehen. Doch wie Watson bestätigt, dient die amorphe Ästhetik des Albums einem höchst praktischen Zweck. „Ich mache jeden Tag eine Menge Musik“, sagt er, „und wenn ich nach Hause komme, frage ich mich: ‚Was will ich nach einem so anstrengenden Tag hören?‘ Ich habe einfach nicht die Energie, mir ein großes Album anzuhören – ich will etwas hören, das mich irgendwohin mitnimmt, ohne großartige Bedeutung dahinter. Das ganze Album klingt bescheiden – die Leute können es sich einfach anhören, ohne dass es zu überladen ist. Ich glaube, das war ein wenig das Ziel dieser Aufnahmen.“ Im Folgenden führt dich Watson durch das Album, Track für Track.
„Better in the Shade“
Ich habe den Song in drei kleine Geschichten aufgeteilt und die letzte handelt von dem Gefühl, das man als Kind hatte, wenn man zu lange draußen war. Es ist fast Nacht und du bist in dieser seltsamen Grauzone, in der du denkst: „Oh, verdammt, es ist viel zu spät – ich hätte längst zu Hause sein müssen.“ Aber damit zusammen kommt dann dieser wirklich komische Moment. „Shade“ [Anmerkung: zu deutsch „Schatten“], von dem ich spreche, ist diese seltsame Grauzone. Die Welt, in der wir leben, ist ziemlich komplex und es geht darum, mit dieser Vielschichtigkeit zurechtzukommen und Frieden mit ihr zu schließen. Ich finde, die Leute versuchen immer, alles Schlechte loszuwerden, aber ich glaube nicht, dass man es einfach abschütteln kann, damit es verschwindet. Ich denke, das ist es, was ich auch mit „Schatten“ meine: Du kannst die Welt nicht vom Bösen befreien. Es wird immer beschissene Menschen geben, also sollten wir uns damit abfinden und den produktivsten und am wenigsten schädlichen Weg finden, damit umzugehen.
„Height of the Feeling“ (feat. La Force)
Wenn Ariel [Engle, alias La Force] und ich zusammen singen, lachen wir immer. Also haben wir uns gefragt: „Wie können wir diese Verspieltheit in einen Song packen?“ Wir haben uns die Dynamik eines Paares vorgestellt: Die beiden Seiten derselben Geschichte sprechen gleichzeitig und übereinander hinweg. Ich habe mir einen Text ausgedacht und sie hat darauf geantwortet oder umgekehrt – und dann haben wir einfach ins Mikrofon gelacht und aufgenommen, während wir den Text geschrieben haben. Es war sehr unbeschwert, aber ich war wirklich beeindruckt von der Art, wie Ariel schreibt. Die meisten der richtig guten Zeilen in dem Song stammen von ihr, wie zum Beispiel „Did I give it away when my hands were shaking?“ („Habe ich es verloren, als meine Hände zitterten?“). Und die Idee mit der „Höhe des Gefühls“ („Height of the Feeling“) stammt ebenfalls von Ariel – sozusagen als Maß für die Größe eines Gefühls. Ich fand das sehr schön.
„Ode to Vivian“ / „Little Moments“
Ich spiele sehr gerne Solo-Piano und ich mag Instrumentalmusik, aber es kann schwierig sein, das in meinen Projekten zu veröffentlichen. Dieses Mal [bei „Ode to Vivian“] dachte ich mir: „Scheiß drauf, wir fügen es einfach ein und sehen mal, was passiert.“ Diese beiden Songs sind miteinander verbunden – beide wurden von der Fotografin Vivian Maier inspiriert. Sie ist so etwas wie eine Heldin für mich. Ich mag alles an ihr. Ich würde mit ihr ausgehen wollen, wenn sie noch leben würde! Ich mag die kleinen Momente, die sie herauspickt – diese wirklich bezaubernden Momente im Leben, die keine große Sache sind, aber wenn ich sie mir ansehe, denke ich: „Ja, aber das macht unser Leben so viel mehr aus als die große Sache.“ Ich liebe es, wie sie die kleinen Momente zelebriert. Ich bin kein begnadeter Texter – ich muss monatelang für jedes verdammte Wort arbeiten. Also schaue ich mir manchmal Fotos an und beschreibe einfach kleine Details – dabei kommen dann am Ende diese wirklich schönen Texte heraus.
„Blue“
Die Leute benutzen oft das Wort „blue“ [Anmerkung: zu deutsch „traurig“], um meine Musik zu beschreiben, aber ganz ehrlich: Ich glaube, ich habe in meinem ganzen Leben drei traurige Lieder geschrieben. Traurige Musik zu machen, interessiert mich nicht. Oft habe ich das Gefühl, die Leute verwechseln Ruhe und Stille mit Traurigkeit. Ich finde, es ist manchmal schön, die Ruhe zu genießen. Das heißt nicht, dass man traurig ist. Man will einfach nicht immer Party machen. In diesem Lied steht die Farbe Blau für die Melancholie. Und Melancholie ist so etwas wie ein Rausch – als wäre man auf eine andere Art und Weise high. Wenn man in Melancholie eintaucht, ist das immer eine Form von Eskapismus, genauso wie auf eine Party zu gehen oder sich zuzudröhnen oder so. Im Kern geht es in dem Song darum, dass man nach Melancholie süchtig ist und nicht von ihr loskommt.
„La La La La La“
Wir haben „Blue“ auf dem Land aufgenommen und dann sagte Mishka: „Hör dir mal diese Akkorde an. Wir sollten daraus einen Song machen.“ Ich begann, „La La La La La“ über die Akkorde zu singen, dann fingen alle an, mitzusingen, einfach ein wirklich schöner Moment. Und manchmal geht es in der Musik mehr darum, einen Moment festzuhalten, als sechs Monate lang an einer Melodie zu feilen. Von dem Moment an, als Mishka mir die Akkorde zeigte, bis zur Aufnahme des Songs dauerte es eine Stunde. Es ist eine Live-Aufnahme. Wir haben das so gemacht, dass wir uns vom Mikrofon entfernt haben und dann darauf zugegangen sind, deshalb wird die Stimme lauter. Wir haben alle gelacht, während wir es aufgenommen haben – das auf Band zu haben, ist etwas Besonderes.
„Stay“ (feat. Sea Oleena)
Das ist ein Stück, das du dir spät in der Nacht anhören solltest, wenn du ausgelassen bist und Spaß hast. Mishka und ich waren mal wieder auf dem Land, ich entschied mich einfach für diesen seltsamen modularen Beat und dachte: „Das ist so ein bizarrer Beat. Er klingt so seltsam und lebendig – wie ein knisternder Kamin.“ Wir haben einfach dazu improvisiert, und fertig war die Aufnahme, abgesehen von den weiblichen Vocals [von Sea Oleena], die wir hinzugefügt haben.
„Better in the Shade“ ist kein solches Stückwerk, sondern eher wie eine kontinuierliche, traumhafte Reise. Die Bedeutung dieser Reise ist nicht immer leicht zu entschlüsseln, sie hinterlässt aber eine tiefe emotionale Wirkung. Die Tracks bilden einen ruhigen und doch rastlosen Teppich aus zarten Klavierballaden, exquisiter Orchestrierung und modularen Synthesizer-Texturen mit überraschenden neuen Elementen, die erscheinen und wieder verschwinden, wie Schemen, die durch die Räume einer verlassenen Villa wehen. Doch wie Watson bestätigt, dient die amorphe Ästhetik des Albums einem höchst praktischen Zweck. „Ich mache jeden Tag eine Menge Musik“, sagt er, „und wenn ich nach Hause komme, frage ich mich: ‚Was will ich nach einem so anstrengenden Tag hören?‘ Ich habe einfach nicht die Energie, mir ein großes Album anzuhören – ich will etwas hören, das mich irgendwohin mitnimmt, ohne großartige Bedeutung dahinter. Das ganze Album klingt bescheiden – die Leute können es sich einfach anhören, ohne dass es zu überladen ist. Ich glaube, das war ein wenig das Ziel dieser Aufnahmen.“ Im Folgenden führt dich Watson durch das Album, Track für Track.
„Better in the Shade“
Ich habe den Song in drei kleine Geschichten aufgeteilt und die letzte handelt von dem Gefühl, das man als Kind hatte, wenn man zu lange draußen war. Es ist fast Nacht und du bist in dieser seltsamen Grauzone, in der du denkst: „Oh, verdammt, es ist viel zu spät – ich hätte längst zu Hause sein müssen.“ Aber damit zusammen kommt dann dieser wirklich komische Moment. „Shade“ [Anmerkung: zu deutsch „Schatten“], von dem ich spreche, ist diese seltsame Grauzone. Die Welt, in der wir leben, ist ziemlich komplex und es geht darum, mit dieser Vielschichtigkeit zurechtzukommen und Frieden mit ihr zu schließen. Ich finde, die Leute versuchen immer, alles Schlechte loszuwerden, aber ich glaube nicht, dass man es einfach abschütteln kann, damit es verschwindet. Ich denke, das ist es, was ich auch mit „Schatten“ meine: Du kannst die Welt nicht vom Bösen befreien. Es wird immer beschissene Menschen geben, also sollten wir uns damit abfinden und den produktivsten und am wenigsten schädlichen Weg finden, damit umzugehen.
„Height of the Feeling“ (feat. La Force)
Wenn Ariel [Engle, alias La Force] und ich zusammen singen, lachen wir immer. Also haben wir uns gefragt: „Wie können wir diese Verspieltheit in einen Song packen?“ Wir haben uns die Dynamik eines Paares vorgestellt: Die beiden Seiten derselben Geschichte sprechen gleichzeitig und übereinander hinweg. Ich habe mir einen Text ausgedacht und sie hat darauf geantwortet oder umgekehrt – und dann haben wir einfach ins Mikrofon gelacht und aufgenommen, während wir den Text geschrieben haben. Es war sehr unbeschwert, aber ich war wirklich beeindruckt von der Art, wie Ariel schreibt. Die meisten der richtig guten Zeilen in dem Song stammen von ihr, wie zum Beispiel „Did I give it away when my hands were shaking?“ („Habe ich es verloren, als meine Hände zitterten?“). Und die Idee mit der „Höhe des Gefühls“ („Height of the Feeling“) stammt ebenfalls von Ariel – sozusagen als Maß für die Größe eines Gefühls. Ich fand das sehr schön.
„Ode to Vivian“ / „Little Moments“
Ich spiele sehr gerne Solo-Piano und ich mag Instrumentalmusik, aber es kann schwierig sein, das in meinen Projekten zu veröffentlichen. Dieses Mal [bei „Ode to Vivian“] dachte ich mir: „Scheiß drauf, wir fügen es einfach ein und sehen mal, was passiert.“ Diese beiden Songs sind miteinander verbunden – beide wurden von der Fotografin Vivian Maier inspiriert. Sie ist so etwas wie eine Heldin für mich. Ich mag alles an ihr. Ich würde mit ihr ausgehen wollen, wenn sie noch leben würde! Ich mag die kleinen Momente, die sie herauspickt – diese wirklich bezaubernden Momente im Leben, die keine große Sache sind, aber wenn ich sie mir ansehe, denke ich: „Ja, aber das macht unser Leben so viel mehr aus als die große Sache.“ Ich liebe es, wie sie die kleinen Momente zelebriert. Ich bin kein begnadeter Texter – ich muss monatelang für jedes verdammte Wort arbeiten. Also schaue ich mir manchmal Fotos an und beschreibe einfach kleine Details – dabei kommen dann am Ende diese wirklich schönen Texte heraus.
„Blue“
Die Leute benutzen oft das Wort „blue“ [Anmerkung: zu deutsch „traurig“], um meine Musik zu beschreiben, aber ganz ehrlich: Ich glaube, ich habe in meinem ganzen Leben drei traurige Lieder geschrieben. Traurige Musik zu machen, interessiert mich nicht. Oft habe ich das Gefühl, die Leute verwechseln Ruhe und Stille mit Traurigkeit. Ich finde, es ist manchmal schön, die Ruhe zu genießen. Das heißt nicht, dass man traurig ist. Man will einfach nicht immer Party machen. In diesem Lied steht die Farbe Blau für die Melancholie. Und Melancholie ist so etwas wie ein Rausch – als wäre man auf eine andere Art und Weise high. Wenn man in Melancholie eintaucht, ist das immer eine Form von Eskapismus, genauso wie auf eine Party zu gehen oder sich zuzudröhnen oder so. Im Kern geht es in dem Song darum, dass man nach Melancholie süchtig ist und nicht von ihr loskommt.
„La La La La La“
Wir haben „Blue“ auf dem Land aufgenommen und dann sagte Mishka: „Hör dir mal diese Akkorde an. Wir sollten daraus einen Song machen.“ Ich begann, „La La La La La“ über die Akkorde zu singen, dann fingen alle an, mitzusingen, einfach ein wirklich schöner Moment. Und manchmal geht es in der Musik mehr darum, einen Moment festzuhalten, als sechs Monate lang an einer Melodie zu feilen. Von dem Moment an, als Mishka mir die Akkorde zeigte, bis zur Aufnahme des Songs dauerte es eine Stunde. Es ist eine Live-Aufnahme. Wir haben das so gemacht, dass wir uns vom Mikrofon entfernt haben und dann darauf zugegangen sind, deshalb wird die Stimme lauter. Wir haben alle gelacht, während wir es aufgenommen haben – das auf Band zu haben, ist etwas Besonderes.
„Stay“ (feat. Sea Oleena)
Das ist ein Stück, das du dir spät in der Nacht anhören solltest, wenn du ausgelassen bist und Spaß hast. Mishka und ich waren mal wieder auf dem Land, ich entschied mich einfach für diesen seltsamen modularen Beat und dachte: „Das ist so ein bizarrer Beat. Er klingt so seltsam und lebendig – wie ein knisternder Kamin.“ Wir haben einfach dazu improvisiert, und fertig war die Aufnahme, abgesehen von den weiblichen Vocals [von Sea Oleena], die wir hinzugefügt haben.