Écouter Chip Chrome & The Mono-Tones par The Neighbourhood
The Neighbourhood
Chip Chrome & The Mono-Tones
Album · Alternative · 2020
„Jemand muss hier der Anführer sein, und ich denke, das bin ich.“ Jesse Rutherford von The Neighbourhood geht für Apple Music Track für Track das neue Album „Chip Chrome & The Mono-Tones“ durch.
„Bevor wir mit den Arbeiten an diesem Album begannen, habe ich mich gefragt, wie ich zu unserer Musik, unserer Band und den Fans stehe, und mir wurde bewusst, dass es mir nicht wirklich klar war – und das hat mich zu Tode erschreckt“, erzählt Rutherford. „Ich bin für ungefähr neun Monate nicht ins Internet gegangen und habe aufgehört, mir die Meinungen von allen anderen zu Herzen zu nehmen.“ Genau zu dieser Zeit des Rückzugs fing der Leadsänger der genreübergreifenden Alternative-Band aus L.A. damit an, Songs auf seiner Akustikgitarre zu schreiben und eine Figur namens Chip Chrome zu entwickeln, was von der Idee bis zur Präsentation nahezu drei Jahre in Anspruch nahm. Mit Elasthan-Anzug und einem glitzernden Mundgestell wird Rutherford zu einer in Silber gekleideten Persona und ist so gut wie nicht mehr zu erkennen. Beim Entwerfen des Alter Egos inspirierte ihn David Bowies Ziggy Stardust – ein Charakter, dessen Story von Ruhm und Exzess Teile seines eigenen Lebens widerspiegelt, wenn auch mit einem modernen Twist. „Bowie war Ziggy, und Ziggy war dem Kokain verfallen – und ich würde sagen, dass Chip Internetsüchtig ist, ein Produkt der jahrelangen Abhängigkeit von den sozialen Medien“, sagt Rutherford. Daraus entstand das bislang mutigste und reifste Album von The Neighbourhood, auf dem Jesse und seine Bandkollegen die Achtziger-Synth-Elemente ihres selbstbetitelten 2018er-Albums zugunsten einer Kalifornien-Ästhetik der 1970er-Jahre hinter sich lassen. Hier führt uns der Kalifornier durch alle Songs des Longplayers.

Chip Chrome
„Diesen Sound, der von ‚THX 1138‘ [George Lucas’ Film aus dem Jahr 1971] inspiriert wurde, trugen wir einige Monate mit uns herum. Er beamt dich umgehend in eine andere Welt und hat einen immensen Vintage-Touch, was ich sehr mag. Ich wollte Chip diese Bildlichkeit verleihen – warmherzig, aber dennoch spannend.“

Pretty Boy
„Jeremy [Freedman, Gitarrist von The Neighbourhood] hat diesem Song so viel Gefühl eingehaucht. Ich habe ihn auf der Gitarre geschrieben, während ich auf der Couch saß – direkt nachdem wir hier ein Erdbeben hatten. Ich hockte zwischen meinem Hund und meiner Frau und spielte an diesem Tag auf der Gitarre diese Akkordfolge, für die sich die Lyrics dann ganz unmittelbar ergaben. Es handelt sich um einen Lovesong, allerdings mit dem Gefühl eines sich bedrohlich nähernden Untergangs. Als Jeremy den Song hörte, fügte er ihm einige Mellotron-Sounds hinzu, die er mit seinem Effekt-Board verfremdete. Jedes Mal, wenn ich den Song höre, werde ich immer noch äußerst emotional angesichts dessen, was er beigesteuert hat. Der Track hat so eine tiefere Dunkelheit.“

Lost in Translation
„Brandon [Fried], unser Drummer, ist ein großartiger Musiker. Er hat sich sehr damit beschäftigt, Beats zu erzeugen, überall danach zu stöbern und Samples im Internet und in Plattenläden aufzuspüren. Danny [Parra], der mit uns zusammen das Album produziert hat, und ich saßen eines Abends zusammen und widmeten uns dem Ordner mit Brandons Samples. Wir spielten mit verschiedenen Tracks herum, bis wir auf ‚Wish That You Were Mine‘ von The Manhattans stießen. Wir legten die Spuren frei und verbanden Teile mit dem, woran wir bereits gearbeitet hatten – der Rest ergab sich dann einfach. Jedes Mal, wenn ich diesen Shit höre, habe ich das Gefühl, dass es genau das ist, was die Band von Beginn dieses Projekts an versucht hat – all diese Genres zusammenzubringen. Aber ich denke, wir haben es auf eine weniger ungestüme Weise hinbekommen. Und wir sind damit aufgewachsen, daher sollte es wohl so kommen.“

Devil’s Advocate
„Wir sehen immer alles aus der Sicht des Advocatus Diaboli: ‚Was ist, wenn es nicht so wird, wie wir es uns erhoffen?‘ Oder: ‚Könnte dies passieren?‘ – daher war der Begriff häufig bei vielen der Strophen in meinem Kopf. Es geht auch darum, wie ich Dinge, die ich erlebt habe, miteinander vergleiche. Ein Beispiel: ‚Möchte ich Stripperinnen abschleppen oder eine scheiß feste Beziehung haben?‘ Ich habe Erfahrungen gemacht, die auf gewisse Weise vielleicht eher Klischees bedienen, aber sie erfüllen mich womöglich nicht in dem Maße, wie es die einfachen Dinge tun. Ich liebe immer noch Designeranzüge, doch momentan trage ich ein schmuddeliges T-Shirt, das ich schon seit zwei Jahren besitze und einfach toll finde. Du bekommst eine Auszeichnung oder Ähnliches, doch es gibt dir nicht die Befriedigung, die du vielleicht erwartet hast, weil du zu sehr darüber nachdenkst und dabei den Spaß auf dem Weg dorthin aus den Augen verlierst. Wenn man es erreicht hat, ist es unmöglich, sich daran zu erfreuen, und ich versuche gerade, daraus meine Lehren zu ziehen.“

Hell or High Water
„Meine Freundin und ich kamen aus demselben Ort, dort leben auch ihre Eltern noch immer. Wir stammen aus der Vorstadt, die weiter entfernt ist von – ich kann jetzt nicht Realität sagen, denn sie ist überall unterschiedlich, je nachdem, wo man wohnt. Aber momentan handelt es sich um eine andere Art der Realität. Es ist wichtig, auch diese Aspekte deiner Persönlichkeit zu berücksichtigen. Und Country Music war ein Teil dessen. Ich beschäftigte mich mehr mit Johnny Cash, Dolly Parton und anderen Country-Künstlerinnen und -Künstlern, und ein Freund aus meinem Heimatort schickte mir einen Film mit dem Titel ‚Hell or High Water‘. Er erinnerte mich sehr an unsere Beziehung. Er ist mein ältester Freund, doch in den vergangenen Jahren lief es zwischen uns etwas anders. Wir haben uns auseinanderentwickelt, dennoch ist er ständig präsent. Er hat gewisse Ansichten und Meinungen, die ich nicht unbedingt teile. Doch gleichzeitig sind wir auf gewisse Weise auch eng miteinander verbunden.“

Cherry Flavoured
„Mit dem ganzen Chip-Projekt verbinde ich generell jede Menge Energie – vermutlich, weil ich versuchte, diesem Motto gerecht zu werden: ‚Warte, jemand muss hier der Anführer sein, und ich denke, das bin ich.‘ Doch nach einiger Zeit hatte ich den Eindruck, dass ich den Texten selbst viel mehr Beachtung schenken sollte, als mit dem Finger auf andere zu zeigen und ihnen ihre Luftschlösser vorzuwerfen, die sie in Gesprächen mit mir malten. Ich denke, dass ich derjenige war, der die Dinge manchmal beschönigt oder sie auch anders gesehen hat, dann aber nicht die Arbeit investieren wollte, dem auch Taten folgen zu lassen. Aber sobald ich mich mehr auf mich fokussierte und dem Internet fernblieb, Gitarre spielen lernte und einige Zeit allein verbrachte, war ich in der Lage, diese Balance zu finden.“

The Mono-Tones
„Ich denke, vieles in dieser Welt baut auf männlichen Seilschaften auf, und wenn du nicht dazu gehörst, dann verdammt noch mal viel Glück! Man mag es zugeben oder nicht: Wenn man zu einer gewissen Gruppe gehört, kommt man mit bestimmten Dingen davon und wird dazu verleitet, auf gewisse Weise zu betrügen. Ob du in einem Schuhgeschäft eines Kaufhauses arbeitest und dein Chef dich jede zweite Woche eine Schachtel nach deiner Schicht stehlen lässt, weil das Unternehmen es eh nicht herausfindet und du damit fein raus bist, oder ob du ein Polizist bist und verdammt noch mal Schwarze Menschen auf der Straße tötest. Es ist halt Teil des Jobs – es ist widerlich, aber es hängt alles zusammen.“

BooHoo
„Es geht um meinen Umgang mit meiner Unsicherheit in der Beziehung mit meiner Freundin, die sehr populär ist. Bevor sie in mein Leben trat, spielte ich irgendwie immer die Hauptrolle, doch dann musste ich damit klarkommen, der Co-Star zu sein. Für mich persönlich war dies etwas, das ich erst lernen musste. Ich erkannte, dass es überhaupt keinen Grund gab, sich vergleichen zu wollen. Man ist ein Team. Lass uns zusammen sein und das Beste für einander tun. Das ist einer der coolsten Aspekte hinsichtlich dieser besonderen Beziehung mit Devon [Carlson]. Wir können uns auf bestimmte Dinge verlassen, auf die sich andere Leute vielleicht nicht verlassen können. Momentan scheint es so zu sein, dass jeder denkt, er könnte morgen aufwachen und infiziert sein, denn das ist die Wahrheit. Das ist das, was gerade abgeht. Wie kann man das nicht im Hinterkopf haben?“

Silver Lining
„Es geht um das Konzept von Chip als übermalte Figur, was umso mehr offenbart: ‚Ich war ausgelaugt.‘ Jesse, also der Jesse Rutherford, der sich in welcher Phase von The Neighbourhood auch immer an euch verkauft hatte oder euch ausgeliefert war, vereinnahmt vom Publikum, war ausgelaugt. Ich denke jetzt einfach so: ‚Es ist das letzte vertraglich vereinbarte Album, bei dem wir jetzt mit Columbia zusammenarbeiten.‘ Es muss nicht länger existieren. Daher denke ich, dass viele Dinge auf diesem Album vom drohenden Untergang der Welt handeln, aber auch von dem, was in meinem Leben auf persönlicher Ebene passiert – wie das Auslaufen von Verträgen und Leuten, die erwachsen werden.“

Tobacco Sunburst
„Dieser Song ist wie ein Zeugnis des Runterkommens – wenn du dir die Zeit nimmst, mit einer Gruppe von Leuten wirklich etwas an den Start zu bringen. Es ist schwierig für mich, über den Track nachzudenken. Es gibt Songs mit Substanz, Popsongs und aussagekräftige Tracks. Ich denke, ‚BooHoo‘ und ‚Tobacco Sunburst‘ stehen ganz links und ganz rechts davon.“

Middle of Somewhere
„Der beste Song, den ich jemals allein geschrieben habe. Ursprünglich erschien er bereits im vergangenen Jahr. Als es dazu kam, fühlte es sich in etwa so an: ‚All right, ich schätze, jetzt haben wir die Ästhetik fürs Album.‘ Es fühlt sich an, als hätten wir jedes verdammte Musikgenre dabei. Alles vom 70er-Rock der Marke Led Zeppelin über modernen Bedroom Pop und West Coast Hip-Hop bis zu den 80ern, Depeche Mode oder jede weitere Art der synthlastigen 80er-Palette. Bei ‚Middle of Somewhere‘ lief es irgendwie so ab: ‚Oh, okay, hier also Akustikgitarre.‘ Ich präsentierte den Song den Jungs, bei denen an dem Tag der Tenor war: ‚Okay, verstanden. Cool, lasst uns anfangen.‘ Letztlich klang er dann ziemlich genau so, wie ich es ihnen gezeigt hatte. Wir probierten zwei, drei Tage lang Bass und Drums aus, tüftelten einfach herum. Und am dritten Tag waren alle der Meinung: ‚Nee, Jesses ursprüngliche Akustikversion gefällt uns, aber lasst uns diese beiden kleinen Extradinge beibehalten.‘“

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